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Künstliche Intelligenz in Designprozessen

 

Abbild und Vorbild

Während wir Kreativschaffende uns traditionell intensiv mit formgebenden Aspekten von Inhalten auseinandersetzen, entwickeln sich ganz andere Gestaltungsansätze aufgrund von neuen Technologien. „Artificial Intelligence“ (AI) oder „Künstliche Intelligenz“ (KI) werden inzwischen im Gestaltungsbereich zunehmend als Werkzeug genutzt. Wir kennen einfache Automationen von Call-Centern, die per Spracherkennung (durch Künstliche Intelligenz-Unterstützung) Informationen abfragen und thematisch vorsortieren – das wird allerdings oft als wenig motivierend empfunden. John McCarthy, der den Begriff der Künstlichen Intelligenz prägte, würde dieser Telefon-Anwendung wohl entgegenhalten, dass sie einfach noch nicht fertig entwickelt sei („As soon as it works, no one calls it AI anymore“ 1955).

Bei Lil Miquela, einer rein virtuell existierenden Instagram-Influencerin, hingegen fällt es kaum auf, dass dieser Charakter rein synthetisch erzeugt wurde. Das Bild der künstlich kreierten Jugendlichen wirkt sogar besonders echt – kleine Unreinheiten der Haut werden bewusst eingearbeitet, anstatt sie digital zu glätten und mit Weichzeichnereffekten zu versehen. Dieser Avatar existiert nur in der virtuellen Welt und soll möglichst echt in Erscheinung, Auftreten und Verhalten wirken. Lil Miquela interagiert auch mit anderen Avataren, fällt dabei niemals aus der Rolle und avanciert zum attraktiven Werbeträger. Das finanzkräftige Start-up Brud verbirgt sich hinter Lil Miquela und steuert die Geschichten und die Einnahmen.

 

Künstliche Intelligenz

 

Auf der Website Petapixel.com wird ein anderer Ansatz im Umgang mit Künstliche Intelligenz vorgestellt. Die gezeigten Porträts sind Ergebnisse von trainierten Netzwerken, die Bilder von Menschen analysieren, Muster erkennen, kategorisieren und daraus neue Bilder erzeugen.

 

 

Kokreaktive Sparringspartner

Inzwischen existieren eine Vielzahl von Anwendungen und Werkzeugen, die uns den Alltag erleichtern oder bereichern können. Es gibt beispielsweise ein Werkzeug, das typische Skizzen zu Beginn des Gestaltungprozesses von einer Mensch-Maschine-Schnittstelle zu optimalen und intuitiven Benutzerführung (UX-Design) automatisch in Programmiersprache (Code) übersetzt.

 

 

Das findet in der Designwelt nicht nur Zuspruch, wie aus den Kommentaren zum Produktvideo zu entnehmen ist („I really do not like trusting software to make my files. I much prefer to design everything on my own rather than use UI kits or AI-driven kits.”).

Künstliche Intelligenz wird überall dort eine entscheidende Rolle spielen, wo große Informations- und Datenmengen analysiert werden müssen, Prinzipien erkannt und angewendet werden sollen. Dafür werden im Modebereich beispielsweise Fotos eingelesen und Proportionen, Schnittmuster, Farben, Stoffe und andere Parameter systematisiert und reproduziert. Für Haute-Couture-Experten mag das Ergebnis nicht überzeugen, aber für den personalisierenden und perspektivisch auch für den Massenmarkt wird sich diese Entwicklung nicht aufhalten lassen.

 

Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz

 

Am Beispiel Mode zeigt sich die Veränderung recht drastisch, wie klassische Kreationsaufgaben anders gelöst werden können. Denn wenn sich Stoffmuster, Modells (inklusive Hautfarbe, Typ, Konfektionsgröße, Posen und Bewegungen) variabel generieren und in allen Kombinationsmöglichkeiten durchrechnen lassen, dann gilt für Agenturen, Stand- und Bewegtbildgestaltung, Models, Makenbildner, Studiobetreiber, dass sie sich vermehrt anderen Themen und Geschäftsmodellen widmen müssen.

Die Kraft und das Potenzial von künstlicher Intelligenz im Arbeitsalltag wird schon heute im Marketingbereich erkannt und eingesetzt. Aktuell liegen die Hauptnutzungen noch auf der Datenanalyse und verweist die Bereich der Inhalte (Content creation) und Kreation und Gestaltung (Creative and design work) auf die hinteren Plätze. Wenn Maschinen besser gestalten lernen und Gestalter besser lernen, mit den Maschinen zu arbeiten, dann wird sich das sicherlich ändern.

 

Künstliche Intelligenz

Fazit

Auch der philosophisch-ethische Diskurs wird deshalb noch sehr spannend, weil das Thema Urheberschaft eine neue Dimenson erhält: Wer ist überhaupt Schöpfer von Werken, die von selbstlernenden Maschinen erschaffen wurden? Schönheitsideale können künftig schnell sehr facettenreich, divers und politisch korrekt oder polarisierend ausgestaltet werden. Wie können wir mit den neuen Möglichkeiten kokreativ arbeiten und nachhaltigen Mehrwert schöpfen?

Von Kreativschaffenden ist daher an vielen Stellen ein Umdenken erfordert. Wir müssen uns mit den technischen Entwicklungen und Themen auseinandersetzen und lernen, mit Analysten, Entwicklern, Daten und Maschinen zu arbeiten.

 

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